Kunden suchen sich Produkte und Services nach den Erfahrungen aus, die sie mit ihnen machen. Die Erfahrungen werden negativ erlebt, wenn zum Beispiel ein technisches Problem auftaucht oder der Anbieter nicht auf Anfragen des Kunden reagiert. Dann springt der Nutzer ab und sucht nach einem anderen Angebot. Unternehmen brauchen einen ganzheitlichen, kundenzentrierten Blick auf die Nutzererlebnisse, die sie selbst durch ihre digitalen Auftritte erschaffen. Eine Experience Map schafft diesen Überblick.
Experience Maps sind ein strategisches Werkzeug, mit dem wir die komplexen Interaktionen des Kunden mit einem Unternehmen nachvollziehen und im Anschluss verbessern können. Sie soll dazu beitragen, den Kunden zu verstehen und ihn auf seiner Reise zu begleiten – von seinem Bedürfnis bis zur Entscheidung für ein Produkt oder einen Service. Die Kontaktpunkte zwischen Kunde und Anbieter nennt man gemeinhin Touchpoints: Wann, wo und wie wird der Nutzer auf das Unternehmen aufmerksam? Wie kommt es zum Kauf eines Produkts oder Services? Ab wann empfiehlt der Kunde ein Unternehmen oder einen Service an andere weiter?
Eine Experience Map integriert Werkzeuge wie Personas und Empathy Maps, die wir in unseren Workshops anwenden, um ein digitales Projekt kundenorientiert umzusetzen. Schließlich entscheidet der Mehrwert für den Nutzer über den Erfolg eines digitalen Angebots.
Ein Nutzer befindet sich nie in einem Vakuum, wenn er eine Website aufruft. Verschiedene Kontexte bestimmen die Nutzung wie zum Beispiel die Situation, in der der User sich während des Kontakts befindet, sein spezifisches Bedürfnis, das er mit seiner Handlung verfolgt, die Gedanken und Gefühle, die er dabei hat.
Um das Nutzerverhalten real nachvollziehen zu können, stellen wir uns also reale Kunden vor: Unsere Personas sind Ausgangspunkt unserer Experience Map, denn mit ihnen haben wir typische Nutzungs-Szenarien schon identifiziert. Ein Kunde bringt seine eigenen Lebensumstände und -erfahrungen mit, seine ganz persönlichen Bedürfnisse und Ansprüche, und deshalb auch sein eigenes Erlebnis mit dem Unternehmen bzw. Produkt. Diese Kontexte basieren auf erhobenen Daten wie Online-Umfragen oder Interviews. Zu seiner Reise gehören auch seine Emotionen: Was erwartet der Nutzer vom Angebot? Was befürchtet er? Worüber freut er sich? Eine Empathy Map fließt also ebenfalls in die Experience Map ein.
Ein Beispiel
Ein Nutzer möchte für sich und seine Partnerin einen Romantik-Urlaub nach Venedig buchen, das war schon immer sein Traumziel. Er kennt sich in Venedig nicht aus, möchte dort aber alles Sehenswerte entdecken. Er will typisch italienisch essen und trinken, mit einer Gondel fahren und in einem guten aber günstigen Hotel übernachten. Der Trip soll eine Woche dauern, auch wenn er von Freunden gehört hat, dass drei Tage reichen, um alles von Venedig zu sehen. In seinem Romantik-Urlaub hat er keine Lust auf Stress. Er weiß, dass die Stadt kostspielig ist und macht sich im Vorfeld Gedanken, wie er die Ausgaben an anderer Stelle sparen kann.
Ein typisches Nutzerszenario: Eine Ausgangssituation mit individuellen Kontexten, Bedürfnissen und Gefühlen.
Wären wir nun ein Reiseunternehmen, dann ist dieser konkrete Nutzer eine Persona, die an verschiedenen Stellen mit unserem Angebot in Berührung kommt. Die Experience Map bildet alle Touchpoints ab, an denen der Kunde mit dem Unternehmen in Kontakt tritt und zeigt außerdem, ob diese Erfahrung für ihn eher positiv oder negativ ist.
Dabei fasst die Karte auch die jeweiligen Kontexte, in denen sich der Nutzer befindet, wenn er in Kontakt mit dem Angebot tritt. Wenn wir die Touchpoints ausmachen wollen, kämen wir in unserem Beispiel zu folgenden Ergebnissen:
Der Nutzer hat „Reise Venedig buchen“ bei Google eingegeben. Unser Angebot taucht auf der ersten Ergebnisseite auf. Er klickt auf den Link und gelangt auf eine Detailseite, die ihm eine komplette Reise inklusive Flug und Hotelauswahl anzeigt. Er kann hier gleich eingeben, in welchem Zeitraum er die Reise antreten möchte. Die erste Stelle mit einer Positionierungsgelegenheit für die Anbietermarke.
Das Angebot gefällt ihm. Er bucht die Reise zu seinen Bedingungen und lädt dazu unsere kostenlose Reise-App auf sein Smartphone. Dies ist der zweite Touchpoint; ein weiterer Kanal, über den der Nutzer mit uns in Kontakt tritt. Die App soll ihm auch während des Aufenthalts in Venedig wichtige Informationen und Tipps bieten. Sie speichert alle Daten wie Flug, Hotelbuchung und Planung der Reise.
Am Flughafen in Venedig erhält der Nutzer über die App eine Nachricht, die ihm die schnellsten und günstigsten Transportmöglichkeiten auflistet. Er entscheidet sich für den getesteten Shuttle-Bus und kommt sicher im Hotel an. Dies ist der dritte Kontakt mit dem Reiseunternehmen, der positiv erlebt wird.
Im Hotel taucht ein Problem auf: Das gebuchte Zimmer ist noch nicht freigegeben. Frust macht sich breit. Das App-Feature „Der erste Tag“ zeigt dem Nutzer, wo er die nächsten Stunden verbringen kann, ohne sich schon jetzt komplett zu verausgaben. Vorschläge und Rezensionen nahegelegener Cafés bringen den Nutzer zu seinem ersten italienischen Cappuccino. Er selbst kann das Bistro nun selbst bewerten und ist zufrieden. Der vierte Touchpoint führt wieder zu einer angenehmen Erfahrung.
Eine Experience Map zeigt also konkret auf, wo die Schnittstellen sind, an denen der Kunde mit dem Unternehmen interagiert. Diese Touchpoints bilden die Chancen, ein dauerhaft positives Erlebnis für den Kunden zu schaffen. Ihm soll vermittelt werden, dass der Anbieter zu jedem Zeitpunkt und über alle Kanäle für ihn erreichbar ist.
Experience Mapping demonstriert die Höhen und Tiefen, die der Kunde empfindet, während er mit einem Produkt oder einem Service interagiert. Die Methode orientiert sich nicht an allgemeinen Zielgruppen und Bedürfnissen, sondern stellt im besten Fall eine konkrete Person mit einer konkreten Nutzungssituation dar, die auf bestimmten Problemen und Zielen basiert. Erst dadurch wird der reale Nutzungskontext nachvollziehbar. Wir fragen uns also an jedem Touchpoint: Was tut der Nutzer? Was denkt er? Was fühlt er? Es geht dabei nicht um ein Wunschszenario, sondern um die realen Probleme, die ein Nutzer erlebt, wenn er ein digitales Angebot nutzt. Aus den Ergebnissen der Experience Map können wir die Chancen ermitteln, ein dauerhaft positives Nutzererlebnis zu schaffen. Gleichzeitig zeigt sie uns die Risiken auf, die entstehen, wenn wir nicht handeln.
Experience Mapping ist Teamarbeit
Eine Experience Map entwickelt keiner allein im stillen Kämmerlein. Es gibt schließlich nicht nur eine Person pro Unternehmen, die mit den Kunden interagiert. Deshalb rufen wir für diese Form der strategischen Planung alle Verantwortlichen eines Unternehmens zusammen, die in irgendeiner Weise mit dem Kunden in Kontakt treten: Projektmanager, Handelsvertreter, Marketing-Manager und Mitarbeiter des Kundenservice. Nur durch die ganzheitliche Erfahrung mit dem Kunden können Experience Maps valide Ergebnisse liefern.