Was das Literaturmagazin Bremen mit Mut zu tun hat – und wie wir dadurch gelernt haben, auch eigene Grenzen zu sprengen
Beschreibung
Konzeption, Design und Launch des gemeinsamen Magazins vom Literaturhaus und Literaturkontor Bremen
Kunde
Literaturhaus und Literaturkontor Bremen
Adresse
www.literaturmagazin-bremen.de
Literatur verändert uns. Sie weitet unseren Blick, macht uns empathischer, weltoffener. Geschichten lassen uns in fremde Leben und Länder eintauchen, Dinge anders sehen, neu verstehen. In Bremen gibt es unzählige Autor:innen, die gute Geschichten schreiben. Viele davon sind unsichtbar – besonders in Zeiten der Pandemie. Das Literaturhaus und der Literaturkontor Bremen wollen das ändern – und haben ein multimediales Schaufenster ins literarische Leben der Stadt geschaffen. Wir durften dabei unterstützen. Ein Blick hinter die Kulissen der Entstehung des ersten Bremer Literaturmagazins; Gedanken dazu, warum es Projekte wie dieses braucht. Und: Ein Plädoyer dafür, Ideen häufiger mal über Bord zu werfen, aus Denkmustern auszubrechen – und eigene Grenzen zu sprengen.
Eben war ich jemand anders. Über diesen Satz habe ich lange nachgedacht. Erste Sätze sind wichtig (immerhin möchte ich Ihnen das Weiterlesen schmackhaft machen). Vermutlich klingt dieser hier ziemlich schräg. Eben war ich jemand anders – „hä, ok, und wer?“ werden Sie sich fragen. Aber besser, habe ich festgestellt, kann ich nicht erklären, was passiert, wenn ich gute Geschichten lese.
Wenn ich von eben spreche, dann meine ich die Zeit, in der ich auf dem Sofa saß, vertieft in „Kindheit“ von Tove Ditlevsen, eingetaucht in das Leben einer beeindruckenden dänischen Literatin. Eben war ich Tove Ditlevsen. Jetzt, eine gute Stunde später, bin ich wieder Imke, Projektmanagerin und Redakteurin bei artundweise, und schreibe diesen Text. Kennen Sie Tove Ditlevsen? Vermutlich nicht, zumindest noch nicht lange. Tove Ditlevsen war in Deutschland bis vor Kurzem völlig unbekannt. Auch ich würde sie nicht kennen, wäre ich nicht zufällig im Netz über sie gestolpert – und hätte mich gewissermaßen schockverliebt.
Gute Geschichten prägen, bewegen, verändern
Keine Sorge, eigentlich geht es hier nicht um mich. Im Übrigen auch nicht um Tove Ditlevsen. Sehen Sie mich einfach stellvertretend für alle Menschen dort draußen, die Bücher und gute Geschichten lieben – und Tove Ditlevsen für die, die sie schreiben. Vielleicht geht es Ihnen auch so: Geschichten haben mich von klein auf geprägt (Momo!) und bewegt, mich verändert, den Horizont erweitert. Geschichten haben mir geholfen, mich selbst und andere besser zu verstehen. Oder auch einfach mal abzutauchen aus dem Alltag; Probleme zu vergessen. Die Autorin Elif Shafak drückt das klüger und pointierter aus. Sie sagt: „Geschichten können vielleicht keine Grenzen einreißen. Aber sie können Löcher in unsere geistigen Mauern schlagen.“
Die Sache ist nur die: Oft ist es gar nicht so leicht, diese Geschichten zu finden. Dort draußen gibt es etliche, klar, auch hier in Bremen, dazu kommen wir gleich noch. Aber die Zeit, sich auf die Suche nach etwas Passendem zu begeben, ist neben Arbeit, Familie und Alltagsbewältigung eben sehr begrenzt. Begrenzt, so fühlt sich das Leben seit über einem Jahr überhaupt meistens an. Die Corona-Pandemie verengt unseren (geistigen) Radius. Wir bleiben zu Hause, tun die immer gleichen Dinge zur immer selben Zeit, sehen dieselben Menschen.
Mehr denn je brauchen wir Räume, die uns in andere Länder, Kulturen und Personen träumen lassen, wenn die echte Welt um uns herum still steht. Geschichten sind solche Räume. Einige davon entstehen in Bremen – um diese zu entdecken, brauchen wir (auch) neue, digitale Angebote.
Dass das so ist, war mir natürlich klar. Also: Dass es tolle Bremer Autor:innen gibt – ich denke da etwa an Bas Böttcher, Sven Regener oder Nora Bossong. Wie groß die Vielfalt an Themen, Autor:innen, Veranstaltungen und literarischen Angeboten in Bremen aber wirklich ist, weiß ich erst seit Kurzem.
Das ist dem Bremer Literaturhaus und Literaturkontor zu verdanken. Als Institutionen für Literaturinteressierte und Literaturschaffende haben sie ihre Energien in den vergangenen Monaten gebündelt und mit dem Bremer Literaturmagazin eine literarische Insel im Netz geschaffen, die Bücherwürmer und Schreiberlinge und überhaupt alle, die sich für Literatur interessieren, vereint.
Digitale Räume ersetzen das gute alte Buch nicht. Sie ergänzen – und machen überhaupt erst sichtbar, wie viel es da draußen zu entdecken gibt. Ich kann Ihnen versichern: Das ist einiges. Bremen hat das Zeug zur „City of Literature“.
„Viele Literaturhäuser machen sich so langsam auf den Weg ins digitale Zeitalter, loten neue, digitale Möglichkeiten aus. Viele sind aber noch zögerlich. In Bremen haben wir die Potenziale schon 2005 entdeckt – und zeigen nun mit einem weiteren, multimedial gedachten Projekt, wie literarisch vielfältig die Stadt ist.“
Heike Müller
Leiterin Literaturhaus Bremen, über das Literaturmagazin
Unser Konzept: Zwischen Literaturzeitschrift und Informationsplattform
Das Besondere für uns: Als Agentur durften wir in diesem spannenden Umfeld mit werkeln und ein Konzept erarbeiten, wie das Literaturhaus und der Literaturkontor noch digitaler werden, sich breiter aufstellen können – eben ein multimediales Schaufenster ins literarische Leben der Stadt. Dass wir ein eigenes Magazin brauchen, war uns sofort klar. Wie genau das aussehen würde? Das haben wir dann gemeinsam erarbeitet.
Wir wollten eine Mischform schaffen, die sich auf der einen Seite lesen lässt wie eine Literaturzeitschrift (bloß nicht auf Papier), in der man Artikel und Geschichten (oder auch Podcasts!) durchstöbern, sich stundenlang verlieren kann. Gleichzeitig sollte es aber auch eine Informationsplattform über das sein, was Bremen an Literatur zu bieten hat, darüber, wer sie schreibt, wer sie liest – und wo. Das Literaturmagazin ist Raum für Austausch und kreative Spielwiese. Am Ende auch das: eine Einladung, zu entdecken und mitzumachen.
Ein Blick hinter die Kulissen der Gestaltung. Oder: Wie wir Ideen über Bord warfen und eigene Grenzen sprengten
Der Auftrag: Als Webagentur sollten wir uns um die Konzeption, Gestaltung und Entwicklung der Magazinwebsite kümmern. Auch die Websites des Literaturhauses und des Literaturkontors haben wir in dem Zuge neu gemacht.
Angefangen beim Literaturhaus und dem Literaturkontor war schnell klar, dass beide Seiten einen eher schlichten Aufbau brauchen. Klassisch, aber trotzdem modern. Übersichtlich, aber nicht inhaltsleer. Genau, um auf solche Bedürfnisse optimal eingehen zu können (genauso wie auf die Bedürfnisse und Ideen anderer Kunden), haben wir in den vergangenen Jahren unsere eigene TYPO3-Technologie entwickelt. Die kann man sich wie einen Baukasten vorstellen: Als Kreativagentur haben wir ganz viele einzelne Bausteine und passende Werkzeuge ertüftelt. Der große Vorteil: Der Baukasten ist jederzeit einsatzbereit. Wir können also sofort loslegen – und die einzelnen Bausteine und Werkzeuge so kombinieren, dass sie optimal zum Kunden passen.
Klassisch, aber trotzdem modern – das war auch unser Ansatz für das Bremer Literaturmagazin. Wir haben erste Entwürfe entwickelt, uns zusammengesetzt, überlegt. Und gemerkt: Unsere Entwürfe sind totaler Quatsch. Das musste anders. Da fehlte: Mut.
Um mutig zu sein, muss man manchmal erst mal im eigenen Kopf aufräumen. Deswegen haben wir unsere Ideen und Entwürfe kurzerhand über Bord geworfen. Gehört zum Agenturleben dazu, werden Sie sagen – und wir stimmen Ihnen zu. Dieses Mal war es trotzdem anders. Dieses Mal wussten wir:
„Ein Literaturmagazin für Bremen muss besonders sein, neu. Das muss auffallen, sich abheben. Denn genauso ist es bei Literatur ja auch: Literatur hebt Grenzen auf. Literatur ist bunt, vielfältig, beweglich – aus der Perspektive eines jeden Menschen anders. Und Literatur eckt an. Das soll sich auch in der Gestaltung widerspiegeln.“
Dirk Beckmann
Geschäftsführer artundweise
Durch den Einsatz verschiedener Typografien und Schriften, unterschiedliche Farbflächen und unterschiedlich große Headlines bringen wir die Vielfalt zum Ausdruck, die Literatur lebt. Unsere Teaser-Wall ermöglicht eine individuelle Startseite, die in Bewegung ist und sich abhebt. Aus der Zusammenarbeit haben wir (mal wieder aufs Neue) gelernt: Gute Gestaltung muss nicht kompliziert sein. Wir können alles mit unserer Technologie lösen – im Zweifel einfach kreative Lösungen finden. Den Veranstaltungskalender zu bauen etwa war eine kleine Herausforderung. Aber auch der funktioniert durch kluge Verknüpfungen zwischen den Seiten.
Während wir uns um die Gestaltung gekümmert haben, hat der Kunde die Inhalte selber umgesetzt und unsere Elemente (zum Beispiel Kontraste oder Wellenbrecher) optimal genutzt. Auch deshalb sind digitale Räume ja so schön: Sie sind beweglich und ermöglichen unterschiedliche Formate und Beiträge – vielleicht auch Experimente. Genau das hält die Website bereit: Durch unterschiedliche und variabel einsetzbare Elemente kann unser Kunde die Plattform auch in Zukunft konstant weiterentwickeln und flexibel umstellen.
Als Agentur sind wir Profis in dem, was wir tun. Wir beraten unsere Kunden hin zu einer starken digitalen Identität, erarbeiten Content, neue Websites und passgenaue Kampagnen. Aber – und das ist uns wichtig: Wir wachsen auch mit ihnen. Wir sind Berater, aber nicht „beratungsresistent“. Jede Zusammenarbeit mit Kunden erweitert unseren Horizont – und macht unsere Arbeit ein Stück besser. Das war auch bei der Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus so. Was wir von Projekten wie diesen lernen können? Mal wieder mutig sein zum Beispiel. Ideen über Bord werfen. Anders denken. Und noch vieles, vieles mehr. Ende der Durchsage. Wir gehen jetzt mal wieder lesen.