Tom Klinkowstein lernte ich auf einer Veranstaltung der Wirtschaftsförderung Bremen kennen. Es ging um Design Thinking und die Frage, wie man diese Innovationsmethode für die kreative Stadtentwicklung einsetzen kann. Tom (Professor für Design aus New York) moderierte den Tag, und am Abend kamen wir ins Gespräch. Das alles ist über 10 Jahre her. In der Zwischenzeit haben wir uns mehrfach besucht und tauschen uns regelmäßig aus. Als zum Beispiel im BVDW (der damals DMMV hieß) ein Keynote Speaker für die Jahrestagung gesucht wurde – war Tom zur Stelle.
Im letzten Jahr hat Tom den Ritterschlag erhalten: Eines seiner Poster für Laurie Anderson wurde im MOMA im Rahmen von „Designing Modern Women“ ausgestellt.
(Das Interview auf Deutsch gibt es am Seitenende.)
What moved you 25 years ago, Tom?
Tom Klinkowstein: In 1991: I was learning how to translate telecommunications art experiments I did in the previous 10-15 years into business using the fledging Web. (I did my first web project in 1993: Epicurious.com for CondeNast. It still exists, albeit 10 or more generations removed.).
25 years later: What kind of projects are you working on today?
Tom Klinkowstein: I’m currently infusing the transparency and sincerity of Martin Buber’s “Ich und Du” into projects, lecturing and consulting.
Matters less relative to 1991:
- Casual media with trivial intentions.
- Careers with fixed titles and attributes.
- US against the machines.
Matters more in 2016:
- I and Thou professionalism.
- Hybrid roles and careers (platforms).
- At ease with the confusion of boundaries.
Where do you see things 25 years from now?
Tom Klinkowstein: 2041 (or more accurately, 2055; the following is excerpted from my recent project, “The Universe Emerges from Information: 10-43 Seconds in the State of Awareness of an Exo-Designer, 2055”):
Just as 10-43 seconds or, the Planck epoch, is considered to be the earliest period of time in the history of the universe – a moment poised between instability and the inauguration of a period of unification – so is the mental landscape of this designer, as her ideational activity is poised between wants and pragmatism.
Her thoughts reflect an external world where bodily integrity has no particular value and the boundary between the present and the future is blurred by an ability for the non-material self to reach out and interact with lives in the future (the “exo” in exo-designer).
Refuge, Enticement and Prospect are metaphorical mental spaces:
Refuge is a place of comfort.
Enticement offers assurance that the unknown can be handled by experiencing it as a source of pleasure.
Prospect seeks resources and the extraordinary.
Balance (Ego): This week I perceive myself and my future differently than (probably) next week. I have enough insight in my inner self and my states to know that it is just the state I am in this week. When circumstances change (in or outside of me), my state could also change. To know that it is temporary makes it easy to cope with the state (feelings, thoughts, emotions) I am in right now.
Desire (Id): The experiment’s aim is nothing less than determining what an individual could do on behalf of all sentient beings, and to understand the biggest arch of the narrative of humanity and its extensions so that we can more wisely choose what to aim for.
Virtue (Super-Ego): Design is a symbol of a confident society, fulfilling a deep need for something to believe in, something vast and powerful yet rational and contemporary.
The dominance of form as the constitutive fabric that regulates meaning has to be augmented by time and prediction in the creation of meaning, moving towards a future that is hedged-upon, sacrificing natural behavior in order to more gracefully come closer to a techno-social epiphany.
Working hard now so that my descendants may travel the stars in social-chic.
In less than 10 years: Use media extensions to create a worldview of engagement.
In less than 20 years: Bounce a signal off an exoplanet.
In less than 30 years: Prove other earths exist.
In less than 40 years: Achieve communication via quantum entanglement, necessary for outer-planetary and inter-stellar projects.
In less than 50 years: Generation of life from computer code, without cellular systems.
In less than 60 years: Sink carbon faster than it is being created for the purpose of terraforming other planets or moons.
In less than 70 years: No-propellant satellite to Oort Cloud.
In less than 80 years: Robotic landing on a star.
In less than 90 years: A trip to a star that includes a form of portable human consciousness able to survive a multi-decade trip.
In less than 100 years: The digital self reaches out to touch lives in the future.
Was hat Dich vor 25 Jahren bewegt, Tom?
Tom Klinkowstein: 1991 war ich damit beschäftigt zu sehen, wie sich die Kunst-Experimente, die ich in den 10 bis 15 Jahren davor mit dem noch jungen Internet gemacht hatte, übertragen ließen auf das große Business des Webs, das sich gerade ankündigte. 1991 war ich damit beschäftigt zu sehen, wie sich die Telekommunikations-Kunstexperimente, die ich in den 10 bis 15 Jahren davor gemacht hatte, auf kommerzielle Projekte des noch jungen Internets übertragen ließen. (Mein erstes Web-Projekt realisierte ich 1993: Epicurious.com für CondeNast. Es existiert noch immer, Generationen später.)
25 Jahre später: An welchen Projekten arbeitest Du heute?
Tom Klinkowstein: Derzeit lasse ich die Klarheit und Ernsthaftigkeit von Martin Bubers „Ich und Du“ in meine Projekte, Vorträge und Beratung einfließen.Weniger wichtig als 1991:
- Medien mit belanglosem Nutzen
- Starre Titel und Bezeichnungen in der Karriere
- Wir gegen die Maschinen
Das ist 2016 wichtiger geworden:
- Professioneller Respekt: Ich-und-Du
- Hybride Rollen und Karrieren (Plattformen)
- Wir haben uns daran gewöhnt, dass Grenzen verschwimmen
Was machst Du in 25 Jahren?Tom Klinkowstein: 2041: (Oder 2055, um genau zu sein; die folgende Grafik ist meinem jüngsten Projekt “The Universe Emerges from Information: 10-43 Seconds in the State of Awareness of an Exo-Designer, 2055” entnommen.„Das Universum entsteht aus Informationen: 10-43 Sekunden im Bewusstsein einer Exo-Designerin, 2055“)
So wie 10-43 Sekunden, die sogenannte Planck-Ära, als erste Zeitperiode in der Geschichte des Universums gilt – ein Moment genau zwischen dem Zustand der Instabilität und dem Beginn einer Periode der Vereinigung – so entspricht dies der mentalen Landschaft der Designerin, denn ihre ideenbildende Aktivität bewegt sich zwischen ihren Wünschen und Pragmatismus.
Ihre Gedanken spiegeln eine äußere Welt wider, in der es nicht auf körperliche Vollständigkeit ankommt – und in der die Grenze zwischen Gegenwart und Zukunft verschwimmt, weil das nicht-materielle Selbst in der Lage ist, mit anderen Leben in der Zukunft in Beziehung zu treten (daher ist die Designerin auch eine „Exo-Designerin“).
Zuflucht, Verlockung und Aussicht sind bildliche mentale Räume:
Die Zuflucht ist ein Ort der Geborgenheit.
Die Verlockung flüstert uns ein, dass wir das Unbekannte nicht fürchten müssen, wenn es uns Vergnügen bereitet.
Die Aussicht sucht neue Möglichkeiten und das Außergewöhnliche.
Balance (Ich): Heute sehe ich mich selbst und meine Zukunft vermutlich anders als nächste Woche. Ich kenne mich selbst und meine inneren Befindlichkeiten gut genug, um zu wissen, dass es eben der Zustand ist, in dem ich diese Woche bin. Wenn die Umstände sich ändern (in mir selbst oder außerhalb von mir), ist es möglich, dass sich auch mein Zustand ändert. Weil ich weiß, dass er nur vorübergehend ist, fällt es mir leicht, mit meinem momentanen Zustand umzugehen (Empfindungen, Gedanken, Gefühle).
Wunsch (Es): Das Ziel des Experiments ist nichts weniger, als herauszufinden, was ein Einzelner stellvertretend für alle fühlenden Wesen tun könnte. Wir möchten den großen Bogen in der Geschichte der Menschheit verstehen, ebenso wie seine Ausläufer, damit wir unsere Ziele mit größerer Besonnenheit festlegen können.
Werte (Über-Ich): Design kennzeichnet eine zuversichtliche Gesellschaft, denn es erfüllt das tiefe Bedürfnis, an etwas zu glauben – etwas, das groß und mächtig ist und gleichzeitig vernünftig und zeitgemäß.
Die sinnbestimmende Vorherrschaft der Form sollte ergänzt werden, indem wir die Dimension der Zeit und unsere Voraussicht einbeziehen. So gehen wir einer sicheren Zukunft entgegen, während wir herkömmliche Verhaltensweisen aufgeben, um uns der neuen techno-sozialen Zeit, die am Horizont auftaucht, mit mehr Leichtigkeit nähern zu können.
Ich arbeite daran, dass meine Nachkommen gut vernetzt zu den Sternen reisen können.
In weniger als 10 Jahren: Mediale Erweiterungen nutzen, um eine Haltung des Sich-Einbringens zu ermöglichen.
In weniger als 20 Jahren: Ein Signal zu einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems schicken.
In weniger als 30 Jahren: Beweisen, dass es weitere Erden gibt.
In weniger als 40 Jahren: Kommunikation durch Quanten-Verknüpfung als Vorraussetzung für außerplanetarische und interstellare Projekte.
In weniger als 50 Jahren: Leben ohne Zellsysteme programmieren.
In weniger als 60 Jahren: Kohlenstoff schneller binden, als er entsteht, um andere Planeten und Monde bewohnbar zu machen.
In weniger als 70 Jahren: Treibstoff-freier Satellit zur Oortschen Wolke.
In weniger als 80 Jahren: Unbemannte Landung auf einem Stern.
In weniger als 90 Jahren: Reise zu einem Stern mit einem tragbaren menschlichen Bewusstsein, das dieses jahrzehntelange Unternehmen überdauert.
In weniger als 100 Jahren: Das digitale Selbst berührt zukünftiges Leben.
Danke für das Gespräch!
Die Unterhaltung führte Dirk Beckmann mit Tom Klinkowstein per E-Mail.