Aus diesen fünf Teilen lässt sich mit Intelligenz alles mögliche bauen: Ein Romanautor könnte einen Roman und ein Unternehmensberater eine Präsentation erstellen – basierend auf diesen Basis-Bauteilen – individuell auf die Bedürfnisse desjenigen abgestimmt, der damit arbeitet. Die fünf Bauteile nennen wir „innere Varianz“. Das Alphabet ist der Konfigurator. Die vielen Wörter nennen wir in der Folge „äußere Varianz”. Mit wenigen Teilen viele Möglichkeiten schaffen, um genau die richtige Lösung für den Einzelnen zu bestimmen. Und genau das ist es, was encoway tut: Eine Welt voller Vielfalt erzeugen mit einer einfachen, intelligenten Basis.
encoway ist Hersteller von Produktkonfiguratoren für den Vertrieb von Investitionsgütern. Dieser Satz ist für die Erklärung ebenso sachlich richtig, wie sperrig und schwer verdaulich. Deshalb beauftragte encoway artundweise mit der Entwicklung einer Unternehmensidentität, die endlich zugänglich ist. Dieses Interview erzählt von einer echten Herausforderung und einem Einsatz, der sich gewaschen und gelohnt hat.
auw: Schon während des Relaunchs von encoway 2014 ist deutlich geworden, welche „Übersetzungsleistung nötig ist, encoways Produkt kommunikationstauglich zu machen“. Herausgekommen ist ein Magazin für Experten, Umsetzer und Entscheider.
Im Anschluss entwickelte encoway zwei Produkte und wir bekamen den Auftrag im Rahmen der Corporate Identity für das Unternehmen auch für diese Neu-Entwicklungen Namen und Markenlogos zu erarbeiten. Wie waren da die ersten Schritte?
Dirk Beckmann: Wir mussten ganz viel reden. Und zuschauen. Wir haben immer wieder nachgefragt, um wirklich zu verstehen, welches Prinzip hinter encoway steckt, was die Essenz ist. Daraus eine klare Linie für das äußere und innere Erscheinungsbild des Unternehmens zu extrahieren war unsere Aufgabe.
auw: Und wie findet man heraus, was das Unternehmen im Kern ausmacht?
Carsten Teller: Das war ein iterativer Vorgang, und der ging so: Zum einen war dieser Prozess für encoway Chefsache – einer der Gründe, weshalb wir so gern für diese Art mittelständischer Unternehmen arbeiten. Gleichzeitig war es uns wichtig, möglichst viele Sichtweisen und Perspektiven mit einzubeziehen. Am Ende saßen Mitarbeiter aus der Produktentwicklung, dem Vertrieb und anderen an einem großen Tisch – und wir stellten viele Fragen. Zurück in der Agentur zogen wir daraus unsere Schlüsse und warfen die Ergebnisse beim nächsten Mal an die Wand, um die Diskussion weiterzutreiben. Nach jedem dieser Würfe sammelten wir die Scherben wieder ein, trugen sie nach Hause und entwickelten die Erkenntnisse weiter. Das schraubte sich spiralenartig immer weiter in die Höhe, bis eines Tages fünf Minuten lang Schweigen eintrat – wir wussten: Wir sind da!
auw: Auf dem Weg dorthin habt ihr die Runde sogar noch weiter vergrößert. Was war passiert?
Carsten Teller: Die Chefs dort hatten entschieden, das gesamte Unternehmen in den Findungsprozess einzubeziehen, damit am Ende auf keinen Fall irgendeine von oben übergestülpte Lösung in die Firma kommt, sondern etwas wirklich Identitätsstiftendes. Eine Woche lang räumte der Kunde ein Arbeitszimmer, damit alle Mitarbeiter mit verschiedenen Werkzeugen und Hilfsmitteln – von Farbstiften bis zum Knetgummi – auf ihre Weise zum Ausdruck bringen konnten: „Wofür steht encoway?“.
auw: Und das Mission Statement war geboren: „Unsere Leidenschaft gilt der intelligentesten und einfachsten Art, Vielfalt beherrschbar zu machen – für eine Welt voller Individualität. Wir sind der „standard for variety“.“ Aber wie kann Vielfalt überhaupt einen Standard haben?
Carsten Teller: In diesem Mission Statement steckt die Aussage, nicht mit unzähligen Bauteilen jonglieren zu müssen – sondern mit einer möglichst kleinen Werkzeugauswahl so viel wie möglich konstruierbar zu machen. Genau diese Spannung baut auch der Claim durch seine irritierende Paradoxie auf. „Standard for Variety“ drückt aus, dass sie „den Standard setzen“ für das Variantenmanagement. Sie sind Technologieführer. Statt mühsam per Hand mit Tabellen zu arbeiten, werkelt da ein intelligentes Regelwerk unter der Haube – das ist besonders. Im industriellen Prozess wird immer versucht, aus einer möglichst geringen „inneren Varianz“ eine möglichst große „äußere Varianz“ herzustellen. Also aus einem Baukasten mit möglichst wenigen Teilen möglichst viele verschiedene Produkte erzeugen zu können.
auw: Genau diesen Baukasten zeigt das neue Corporate Design: Aus den fünf entwickelten Bauteilen lässt sich das gesamte Alphabet abbilden – und daraus jede zu kommunizierende Botschaft. Welche kreativen Wege seid ihr gegangen, um zu diesem essentiellen Kern von encoway zu finden?
Alper Cavus: Am wichtigsten war es, zu verstehen, dass encoway für seine Arbeit nicht mit großen Mengen an Bauteilen hantiert. Im Gegenteil: Mit so wenig wie nötig so viel wie möglich erschaffen – sehr intelligent eben. Wir haben intern viel mit Erklärbildern und Infografiken gearbeitet, um zu verstehen, wie das Unternehmen funktioniert. Mit Mission Statement und Claim im Hinterkopf haben wir dann das Logo entwickelt. Für mich war klar: Der Name ist Teil davon. Deshalb ist auch die Idee entstanden, einen eigenen Font zu kreieren, der ganz plakativ das erklärt, was die Firma ausmacht. Am Ende sind es genau diese fünf Elemente geworden, die verschiedenste Kombinationen möglich machen. Sie finden sich nicht nur im Logo, sondern dienen zum Beispiel auch im eingesetzten Bildmaterial auf der Website als Key Visuals – wie eine Schablone.
auw: Im Verlauf der Entwicklung gab es einige Termine mit dem Kunden. Das waren zum großen Teil unsere Workshops, aber ihr wurdet zum Verständnis der Materie auch zu anderen Terminen eingeladen.
Anna-Sarah Hennig: Wir waren zum Beispiel mit dabei, als interne Prozesse diskutiert wurden. Weil wir von artundweise eben nicht die Experten auf dem Gebiet waren, mussten wir erstmal verstehen, wie zum Beispiel der Angebotskonfigurator funktioniert. Und der ist komplex. Das Herzstück des Ganzen ist eine Software, die aus einem Forschungsprojekt über künstliche Intelligenz entstand. Unsere Aufgabe war es, encoway dabei zu unterstützen, sich als Produkthaus zu positionieren. Herausgekommen sind dabei zwei Produkte: „encoway CPQ Sales“ und „encoway CPQ Showroom“. Dieser interne Entwicklungsschritt von individuellen Einzellösungen für jedes Kundenanliegen hin zu einem umfangreich geschnürten Produktpaket, das alle Kundenwünsche beinhaltet, bringt encoway letztlich auf den Weg sich am Markt als Produkthaus zu etablieren. Für „encoway CPQ Showroom“ haben wir außerdem den Markennamen entwickelt.
Alper Cavus: Und auch für diese Produkte entstand die visuelle Umsetzung des Logos auf Basis des entwickelten Fonts. Es zieht sich eben durch den gesamten Unternehmensauftritt. Es machte wirklich Spaß zu sehen, wie diese konzeptionellen Ideen zur CI zum Leben erweckt wurden.
auw: Was war das absolute Highlight an diesem Projekt?
Dirk Beckmann: Absolutes Highlight war auf jeden Fall, dass sich der Kunde voll reingehängt hat. In unseren Meetings saßen manchmal bis zu zwölf hochengagierte Mitarbeiter, die unsere Ideen und Entwürfe produktiv mitdiskutiert, abgeschmettert und neugedacht haben. encoway war durch alle Ebenen hindurch interessiert an der Neupositionierung des Unternehmens, gleichzeitig waren die Erwartungen und Wünsche an uns groß.
Alper Cavus: Das stimmt! Allein all die Entwürfe, die es nicht einmal aus dem internen artundweise-Kosmos herausgeschafft haben – es waren viele. Bis schließlich für den Kunden das optimale Design gefunden war, sind einige Korrekturrunden vergangen. Aus jedem Meeting sind wir mit neuen Anregungen herausgegangen, auf beiden Seiten. Wir haben uns auch aneinander gerieben, aber immer konstruktiv und auf Augenhöhe. Bei der offiziellen Präsentation der neuen CI vor allen Mitarbeitern war die Reaktion einstimmig: Es hat allen gefallen. Für uns ist das natürlich ein gutes Zeichen und zeigt, dass sich die Arbeit definitiv gelohnt hat!
Dirk Beckmann: Das hat sie. Der Geschäftsleitung war das Rollout auch total wichtig. Die Mitarbeiter haben nicht nur Notizbücher und Kugelschreiber im neuen Design erhalten, sondern konnten die Modularität des encoway-Baukastens live auf dem Event sehen. Es wurden nämlich extra Deko-Objekte in Form der Logo-Elemente angefertigt, die auf der Bühne standen.
Das zeigte noch einmal mehr, wie sehr sich encoway mit seinem neuen Erscheinungsbild auseinandergesetzt hat und identifiziert. Der Erfolg liegt hier wirklich im regen Austausch, den wir untereinander hatten. Es gab kein Kommen, Präsentieren und Gehen – sondern einen intensiven, gemeinsamen Arbeitsprozess, Hand in Hand.